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Plattformökonomie für Museen – zu Risiken und Nebenwirkungen ... 
Herausforderungen und Chancen durch die neuen und disruptiven Geschäftsmodelle für besucherorientierte Kultureinrichtungen

Die Digitalisierung hat Geschäftsmodelle hervorgebracht, die das Verhalten von Kund*innen und damit auch Besucher*innen von Kultureinrichtungen stark beeinflussen. Seit etwa zwei Jahrzehnten verändern digitale Plattformen, insbesondere Vermittlungsportale und Buchungslösungen, die Art wie Menschen ihre Freizeit verbringen, konsumieren und arbeiten. Mit Unternehmen wie GetYourGuide hat dieses Geschäftsmodell nun auch längst Eingang in die Vermarktung der Kulturbranche gefunden.

Viele Kulturorte stellen sich die Frage, ob sich die Zusammenarbeit mit Buchungsplattformen lohnt: Werden wir besser gefunden und häufiger gebucht und wie entwickelt sich schließlich der Umsatz? Eine pauschale Antwort gibt es auf diese Fragen selbstverständlich nicht. Jedoch möchten wir Ihnen für eine erste Bewertung im Folgenden die Vor- und Nachteile aufzeigen, die der Online-Vertrieb über Portale bietet.

Besser gefunden & intuitiv gebucht? – Chancen für Kulturorte durch die Plattformökonomie

Die Chancen, die aus einer Zusammenarbeit mit Buchungsplattformen erwachsen, liegen auf der Hand: Eine breite Streuung des eigenen Angebots sorgt in erster Linie für eine bessere Sichtbarkeit und erhöht die Chancen, gefunden zu werden. Diese Vorteile und weitere Chancen erläutern wir Ihnen im Folgenden.

Marktzugang, Sichtbarkeit & Präsenz

Über digitale Plattformen erhalten Museen Zugang zu Märkten und Vertriebskanälen, auf denen sie bislang noch nicht vertreten waren. Insbesondere für kleinere Museen ist dies eine große Chance. Denn Nutzer*innen verwenden Online-Buchungsportale, um Angebote zu recherchieren, sich inspirieren zu lassen und letztendlich auch zum Buchen. Portale bieten einen einfachen und standardisierten Buchungsprozess, der sich durch Übersichtlichkeit und vielfältige Auswahlmöglichkeiten auszeichnet. Oft finden Interessierte auf Portalen alles aus einer Hand – bis hin zum Flug oder dem Hotel. Kulturorte, deren Angebote nicht auf den großen Portalen gelistet sind, werden von einigen Zielgruppen dann gegebenenfalls nicht gefunden.

Internationalität

Die internationale Aufstellung der großen Portale ermöglicht es den Interessent*innen durch gezielte Marketingmaßnahmen und einen Buchungsprozess in den verschiedenen Landessprachen auch ohne eigenen Mehraufwand internationales Publikum zu erreichen.

Zielgruppenansprache durch Suchfunktion und Filter

Da Portale eine Vielzahl von Angeboten und Anbieter*innen bündeln, bedienen sie sich anderer Such- und Filterlogiken. Nutzer*innen können gezielt nach Stichwörtern (z.B. „Bauhaus“, „Klassik“) suchen oder die Ergebnisse nach Datum, Ort, Angebotstyp (z.B. Führung oder Workshop) filtern. Wird Ihr Haus bzw. eines Ihrer Angebote daraufhin ausgespielt, treffen Sie exakt die Zielgruppe, die Sie ansprechen möchten.

Anreicherung der Angebote

Wenn Kultureinrichtungen die eigenen Angebote über Plattformen vertreiben, können Partner*innen diese durch zusätzliche Services anreichern. Dies kommt der Full-Service-Erwartung vieler Nutzer*innen entgegen (Bspw. Eintrittskarte zur Ausstellung in Verbindung mit Übernachtungen.)

Umsatzsteigerung

Bei günstigen Konditionen ermöglicht der Vertrieb von Angeboten über Plattformen entsprechend der oben genannten Gründe eine Umsatzsteigerung für Ihren Kulturort.

Zu Risiken und Nebenwirkungen – Schattenseiten der Plattformökonomie für Kulturorte

Das klingt alles erstmal sehr gut. Doch leider gehen mit den Chancen der Plattformökonomie für Kultureinrichtungen auch einige Risiken einher, die wir im Folgenden näher beleuchten möchten.

Verlust des Kundenzugangs & fehlende Bindung

Aus unserer Sicht ist der Verlust des direkten Zugangs zu den Besuchenden und in Folge dessen auch die fehlende Bindung, die bedeutendste Schattenseite der Plattformökonomie. Durch völlig neue Wertschöpfungsstrukturen schieben sich branchenfremde Marktteilnehmer*innen mit Datenplattformen als so genannte „Intermediäre“ zwischen den Kulturort und seine Besucher*innen – der direkte Kontakt zu den Besucher*innen fehlt dem Kulturort hierbei gänzlich. Die wertvollen Daten der Buchenden, die eine erneute Ansprache und somit auch die Analyse der eigenen Besucher*innen ermöglichen würden, verbleiben bei den Intermediären. Der Kulturort selbst kann entsprechend keine zusätzlichen Angebote vermitteln oder adäquat beraten. Besuchende hingegen können keine Fragen oder Wünsche äußern, das eigene Angebot kann somit auch nicht optimiert oder zielgruppengerecht erweitert werden. Der fehlende Kontakt erschwert zudem deutlich, Besucher*innen, die über Portale gebucht haben, als wiederkehrende Besucher*innen und somit als Stammpublikum zu gewinnen.

Verlust der Individualität

Eng mit diesem Risiko assoziiert, ist auch der Verlust der Individualität des Kulturortes und seiner Angebote. Ist eine Plattform der zentrale Austauschort zwischen Besuchenden und Kulturort, erscheinen die Angebote standardisiert. Die Buchungsentscheidung auf solch anonymen Portalen wird hauptsächlich durch Kriterien wie Popularität, Preis und Bewertungen beeinflusst – die Charakteristika und Besonderheiten der Kulturorte treten dabei oft in den Hintergrund. Für die Besucher*innen werden die Einrichtungen so austauschbar.

Lock-in-Effekt / Abhängigkeit

Durch die zum Teil sehr hohe Marktdominanz einiger Plattformen, entsteht eine extreme Abhängigkeit für Kulturorte, gelistet zu sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Vorgaben des Portals, wie beispielsweise feste Kontingente, Preisvorteile oder Provisionen müssen dann oft kompromisslos akzeptiert werden. Wechsel- und Kündigungsbarrieren – wie beispielsweise Wechselkosten – erhöhen zudem die Abhängigkeit und binden den Kulturort an ein Portal.

Bevorzugung etablierter & erfolgreicher Anbieter*innen

Wer in den Suchergebnissen von Portalen ganz oben steht, entscheidet ein nahezu undurchschaubarer Algorithmus, der teilweise mehr als 400 Faktoren berücksichtigen soll. Klar ist jedoch: je mehr Buchungen man erhält, desto besser ist auch das eigene Ranking. Auch die Attraktivität des Profils, der Standort sowie die Größe des Kulturortes spielen eine Rolle. Insbesondere Markteinsteiger*innen oder Angebote, die sich nicht an eine breite Zielgruppe richten, haben dann oft das Nachsehen.

Unklarer Rechtsrahmen

Aktuell gibt es noch keinen vollständigen Rechtsrahmen für digitale Plattformen. Hier sind noch Regelungsbedarfe anzustellen und entsprechende Normen festzulegen, etwa beim Schutz digitaler Güter, dem Schutz von Daten, dem Umgang mit personenbezogenen Daten, dem Vertragsrecht sowie bei Haftungsfragen.

Kosten

Durch den hohen Marktanteil, den einige Portale besitzen, verlangen sie hohe Provisionen. Kulturorte müssen hier oft bis zu 20 Prozent des Buchungsumsatzes abgeben. Neben dem Gewinnmaximierungsstreben der Portale entstehen zudem Kosten – beispielsweise durch die Pflege der Listung selbst oder durch zusätzliche Buchungs- und Abrechnungsprozesse.

Ob sich die Zusammenarbeit mit Buchungsportalen lohnt, muss schlussendlich jeder Kulturort individuell bewerten. Nichtsdestotrotz empfehlen wir, eigene Buchungsstrecken aufzubauen, um den Kontakt zu den Besuchenden nicht zu verlieren. Dies ermöglicht Ihnen, Ihre Angebote auch nach dem erstmaligen Besuch zu platzieren und Besucher*innen zur Wiederkehr zu animieren. Im Idealfall binden Sie diese mit gezielten Maßnahmen – wie beispielsweise - Kombikartenmodelle – langfristig an Ihren Kulturort. So können Sie nicht nur Umsatzpotenziale realisieren, sondern auch die Möglichkeit nutzen, anhand von Besucherfeedback, die eigenen Angebote stetig zielgruppengerecht zu optimieren und zu gestalten.

Zur individuellen Gestaltung der Visitor Journey sowie dem Aufbau eines Webshops für Ihren Kulturort beraten wir gerne. Für eine unverbindliche Abstimmung erreichen Sie uns telefonisch unter 030 263 966 50 oder per E-Mail.